9. Motivieren
1. Macht keinen Stress! Lernen gelingt am ehesten in einer stressarmen Umgebung. Angst ist ein schlechter Lehrmeister. Was Angst macht, wird gemieden, verdrängt, vergessen. Angst führt zur Blockade des Gehirns.
2. Macht Mut! „Das ist doch wieder das, was ich im Unterricht schon nicht verstanden habe!“ „Dieses dröge Thema!“ „Superkompliziert!“ „Das liegt mir nicht.“ „Ich kann das nicht.“ „Ich brauch das eh nicht.“ – Wenn eure Schüler solche negativen Einstellungen haben, sollten die erst einmal bearbeitet werden: Versucht herauszufinden, warum eure Schüler den Stoff ablehnen: Ist es die Angst, wieder einmal zu versagen? Ist es eine verfestigte, pauschale Abneigung dieses Stoffes? Ist es allgemeine Langeweile? Wenn ihr herausbekommt, was das Lernen erschwert, könnt ihr darauf direkt eingehen und die Blockade ein wenig aufweichen. Dabei könnt ihr verschiedene Möglichkeiten nutzen:
Wichtig ist natürlich, dass dieses Motivationsvokabular mit Inhalt gefüllt wird. Mit hohlen Floskeln ist niemandem geholfen. 3. Macht Werbung! Lehrer*innen sind oft wie Verkäufer, die eine Ware anbieten, an der zunächst niemand Interesse hat. Deshalb müssen sie werben: Sie müssen ihr Produkt anpreisen und zeigen, warum man es unbedingt braucht. Sie müssen zeigen, dass es Spaß und Spannung bringt, gut schmeckt und eine Top-Figur macht. Kurz: Sie müssen dafür sorgen, dass der jeweilige Lernstoff mit positiven Erwartungen verknüpft wird. Das klingt leichter als es ist. Wie erreicht ihr, dass Schüler*innen das Lösen quadratischer Gleichungen als lustvoll wahrnehmen? Wie sorgt ihr dafür, dass sie Konjugationen als emotional wohltuend erleben? Hier ist eure Kreativität gefragt: Präsentiert den Stoff so, dass er in irgendeiner Weise attraktiv (oder zumindest weniger hässlich) erscheint. Ihr habt verschiedene Möglichkeiten:
Gelegentlich könnt ihr auch mit Belohnungen arbeiten: „Wenn ihr das alle verstanden habt, schmeiß’ ich `ne Runde Mandarinen!“ (oder was auch immer das Obst der Saison sein mag). 4. Gebt positive Rückmeldungen! Nichts ist ermutigender als Erfolg. Leider sind die meisten Lernerfolge so unscheinbar, dass sie gar nicht richtig wahrgenommen werden. Die kleinen alltäglichen Fortschritte werden zu selten gewürdigt. Das gilt nicht nur für die Schüler*innen selbst, sondern auch für ihre Lehrer*innen: Das Richtige wird von Lehrer*innen vielfach als selbstverständlich angesehen (und damit auch oft übersehen!), das Falsche dagegen ausdrücklich bemängelt. Wenn Schüler*innen Rückmeldung erhalten, dann in der Regel in negativer Form: „So geht das nicht ...“, „Das ist Quatsch!“. Lob gibt es wenig. Für viele: zu wenig. Ihr könnt es besser machen. Lobt eure Schüler*innen, wann immer sich Gelegenheit dazu bietet. Lobt, was sie schon können. Lobt, was sie gerade richtig gemacht haben. Lobt, wie schnell sie sich etwas Neues erarbeitet haben. Lobt, wie gut sie mitarbeiten. Etc. Doch auch hier gilt: Das Lob muss echt und begründet sein. Ein aufgesetztes, „strategisches“ Lob wird schnell durchschaut und entwertet. Das (echte!) Lob ist der erste Teil der positiven Rückmeldung. Der zweite Teil sind Verbesserungsvorschläge: Zeigt auf, woran noch gearbeitet werden sollte. Um es deutlich zu sagen: Ihr sollt nicht kritisieren, was schlecht war, sondern deutlich machen, was besser werden kann. Das ist nicht das Gleiche! Die Kritik richtet den Blick zurück, der Verbesserungsvorschlag richtet ihn nach vorne. Das ist der entscheidende Unterschied: Ihr zeigt keinen Fehler, sondern eine Perspektive. Dabei ist wichtig, dass ihr die Perspektive positiv formuliert: Sagt nicht, was eure Schüler*innen in Zukunft nicht mehr machen sollen, sondern sagt, was sie machen sollen. Also nicht: „Du sollst
nicht mehr ...“, „Mach nicht den Fehler, dass du ...“ Warum das wichtig ist? – Wenn man sich vornimmt, einen Fehler zu vermeiden, behält man ihn länger im Gedächtnis und wiederholt ihn auch gerne noch einmal. Kurz: Eure Schüler*innen sollen sich vornehmen, das Richtige zu tun, statt das Falsche zu lassen. Weil es zunächst vielleicht noch ungewohnt erscheint, noch einige Beispiele für positive Rückmeldungen:
Wenn ihr das Gefühl habt, dass an einer bestimmten Leistung eigentlich nichts zu loben ist, solltet ihr natürlich nicht auf Krampf irgendetwas Positives heraussuchen (Etwa: „Du sprichst fließend Deutsch.“ Oder: „Du kannst die Zahlen von 1 bis 10 leserlich schreiben.“). In einem solchen Fall kommt direkt zum Verbesserungsvorschlag (der dann natürlich grundsätzlicher sein muss). Also etwa: „Ich habe den Eindruck, wir müssen uns diesen Aufgabentyp noch einmal ganz in Ruhe anschauen.“
5. Bittet unmotivierte Schüler*innen zum Gespräch! Wenn ihr merkt, dass einzelne Schüler*innen über einen längeren Zeitraum immer nur halbherzig mitarbeitet, bittet sie zum Gespräch. Aber unbedingt unter vier Augen! Macht deutlich, dass das Leben schwer wird, wenn es keine Eigeninitiative gibt. Und fragt nach, ob ihr helfen könnt, einen besseren Zugang zum Fach zu entwickeln. Oft sind solche Gespräche eine große Hilfe.
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