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6. Unterricht vorbereiten 2

10 Grundregeln

Unterricht Planen ist das eine, ihn in die Realität Umsetzen das andere. Eine Stunde verläuft fast nie so wie geplant. Im tatsächlichen Unterricht ergeben sich immer wieder neue, nicht bedachte Situationen. Hierauf spontan zu reagieren, ist nicht immer leicht. Wer die folgenden Grundregeln schon in der Vorbereitung beachtet, geht jedoch einigen Problemen aus dem Weg.

1. Sorgt für Vielfalt!

Guter Unterricht ist abwechslungsreich.

  • Er bietet Abwechslung in den Themen.
  • Er bietet Abwechslung in der Art der Schülertätigkeit: Die Schüler*innen lesen, reden, hören zu, denken nach, schreiben, prägen sich etwas ein, präsentieren, rechnen an der Tafel etc..
  • Er bietet Abwechslung in der Sozialform: Es gibt Einzel- und Partner- und Gruppenarbeit.
  • Er bietet Abwechslung in den Arbeitsmaterialien und Übungsformen: Es gibt Übungen aus dem Lehrbuch, Online-Übungen, Arbeitsblätter, Aufgaben an der Tafel, Arbeit mit Lern-Apps, kreative Aufgaben, Rollenspiele, Konzentrationsspiele etc.

Natürlich kann es nicht immer alles geben, aber in jedem der genannten Bereiche solltet ihr regelmäßig variieren. Und achtet darauf, dass ihr in der Abfolge der Variation nicht doch wieder monoton werdet: Aufgabe-Lesen, Aufgabe-Lösen, Lösung-Vergleichen klingt vielleicht zunächst abwechslungsreich. Wenn sich diese Abfolge aber in einer Stunde zehn Mal wiederholt, wird es doch langweilig.

Wenn ihr selbst keine gute Idee habt, wie ihr noch einmal variieren könnt, fragt eure Schüler*innen. Oft kennen sie aus dem Unterricht alternative Arbeitsformen.

Grundsätzlich sollte keine Phase des Unterrichts länger als 20 Minuten dauern. Wenn ihr schon in der Unterrichts-Vorbereitung abschätzen könnt, dass eine Übung länger dauern würde, sucht nach Kürzungsmöglichkeiten. Wenn ihr die Überlänge erst in der Stunde bemerkt, solltet ihr eventuell unterbrechen (Das aber nicht zu abrupt: Ihr könnt zum Beispiel die Schüler*innen bitten, den Aufgabenteil, an dem sie gerade sitzen, noch zu Ende zu bringen und dann zu stoppen.)

2. Trennt die einzelnen Phasen deutlich!

Bevor eine neue Arbeitsphase beginnen kann, muss die letzte (auch in den Köpfen der Schüler*innen) abgeschlossen sein. Dazu braucht es ein kurzes Durchatmen. Das kann natürlich in einer Pause erfolgen. Meist reicht aber eine deutliche Trennung von der letzten Phase in Form von Bewegung oder einer „mentalen Stimulation“.

Einige Möglichkeiten:

  • Durchlüften
  • Die Sitzordnung verändern
  • Den Stuhl um 180° drehen (um die Sitzhaltung zu verändern)
  • Lockerungsübungen
  • Zungenbrecher aufsagen. Zum Beispiel diesen: „Blaukraut bleibt Blaukraut, Brautkleid bleibt Brautkleid.“
  • Ein Rätsel aufgeben. Zum Beispiel dieses: „Du willst 6 Liter abmessen, hast aber nur einen 9- und einen 4-Liter-Eimer. Was tust du?“
  • Einen Witz erzählen
  • Wauschtörter erfinden (Bischtein, Pensterfutzer, Schlartengauch ...)

 

Solche Unterbrechungen sollten gut dosiert werden. Sie dürfen nicht zu viel Raum einnehmen. Sonst fällt die Rückkehr zur eigentlichen Arbeit zu schwer.
Es gibt auch Lerngruppen, die solche Unterbrechungen nicht gut vertragen, weil sie diese als Aufruf zum endlosen Herumalbern verstehen. Wenn ihr eine solche Gruppe betreut, verzichtet lieber auf allzu stimulierende Phasentrennungen.

3. Bietet ähnliche Lernstoffe nicht zur gleichen Zeit an!

Wieder oder wider? Kilo (das Tausendfache) oder Milli (das Tausendstel)? Their oder there oder were oder where? - Das Leben steckt voller Entscheidungen. Viele Lehrer*innen glauben, dass es ihren Unterricht interessanter macht, wenn sie ihren Schüler*innen Entscheidungsaufgaben vorsetzen. Vielleicht haben sie Recht.
Auf alle Fälle macht es ihren Unterricht komplizierter und erzeugt Konfusionen in den Köpfen der Schüler*innen. Denn es gilt: Wenn Ähnliches zur gleichen Zeit gelernt wird, hemmt es sich gegenseitig. Ähnlichkeitshemmung nennt man das. Die ähnlichen, zeitgleich gelernten Lernstoffe überlagern sich gegenseitig im Gedächtnis. Die Folge: Ich muss sie immer wieder mühsam auseinander zerren. Ich kann weder das eine noch das andere richtig sicher und bringe die beiden Lernstoffe immer wieder durcheinander.

Also: „Alles, was man durch dieses, jenes, welches ersetzen kann, schreibt man das, alles andere dass.“ Oder war es umgekehrt? „Alles, was man durch dieses, jenes, welches ersetzen kann, schreibt man dass, alles andere das.“ Nein! Die erste Regel ist die Richtige! Und hier kann ich welches einsetzen, also: das. – Wer beim Diktat solche gedanklichen Operationen durchführen muss, greift schnell einmal daneben. Besser geht es denjenigen, die nie eine Entscheidungsregel kennen gelernt haben, sondern erst – in aller Ruhe – das das, und dann – viel später – das dass. Sie können nun ganz spontan und ohne langes Nachdenken das richtige Wort hinschreiben.
Natürlich müssen Schüler*innen lernen, wann man dass schreibt. Und natürlich müssen sie auch lernen, wann man das schreibt. Aber doch nicht gleichzeitig!

Was folgt daraus?

  • Wenn ihr euren Schüler*innen etwas Neues beibringt, achtet darauf, dass es sicher sitzt, bevor ihr etwas ähnliches Neues beibringt! Also: Übt nicht die Unterscheidung von „links“ und „rechts“. Sondern übt „links“. Und wenn „links“ sicher gekonnt wird, nehmt (eine Woche später!) „rechts“ durch.
    Wenn ihr beispielsweise Mathematik unterrichtet, führt euren Schülern nicht mehrere ähnliche Lösungsansätze direkt nacheinander vor. Achtet darauf, dass Lösungsansatz A vollständig verstanden wurde und sicher nachvollzogen werden kann, bevor ihr – mit etwas Distanz – Lösungsansatz B präsentiert.
  • Lasst die Finger von Entscheidungsregeln! Sie sind keine Hilfe, sondern eine Verkomplizierung. Sollten eure Schüler*innen im Fachunterricht Entscheidungsregeln kennen gelernt haben, ignoriert die Regeln oder reduziert sie auf eine der beiden Entscheidungen. (z.B.: Für dieses, jenes, welches kann auch das stehen.)
  • Lasst die Finger von Entscheidungsübungen! In vielen Lehrwerken findet sich leider immer noch eine Fülle von Entscheidungsübungen. Sucht nach alternativen Übungen. Eine Möglichkeit sind kreative Übungen, bei denen Wörter und Sätze zu dem Lernstoff gesucht und zusammengebaut werden. (Z.B.: Eine Geschichte oder ein Gedicht schreiben zu Wörtern, die auf ss enden: Boss, Schloss, Kuss, Nuss, Miss, Schiss etc.)
  • Beißt euch niemals an einem Thema fest! Wenn ihr feststellt, dass eure Schüler*innen einen bestimmten Sachverhalt auch beim dritten Erklärungsversuch nicht verstehen, verzichtet auf den vierten – und macht Pause! Wechselt das Thema! Macht etwas Einfacheres! Euer Text könnte sein: „Gleich habt ihr einen Knoten im Hirn. Wir sollten jetzt besser das Thema wechseln. Wir kommen später noch einmal darauf zurück.“ – Und wenn ihr dann später noch einmal darauf zurückkommt, dann bitte noch einmal ganz in Ruhe – ganz von vorn – Schritt für Schritt - mit einem völlig neuen Tafelbild (das alte verschwindet komplett).

4. Gebt Raum für selbstständiges Arbeiten!

Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass Lehrer*innen vor allem für das Belehren bezahlt werden: für das Vormachen und Erklären.

Die Wahrheit ist: Lehrer*innen verdienen Geld dafür, dass sie ihre Schüler*innen beim Lernen unterstützen. Das können sie auf viele verschiedene Weisen tun. Eine davon ist das natürlich das Anleiten. Das ist aber nur eine, und nicht einmal die wichtigste.

Bitte versteht euch nicht als Vortänzer*innen, die immer alles einmal richtig vormachen müssen.

Achtet darauf, dass ihr eure Schüler*innen nicht zu passiven Zuhörer*innen und angepassten Nachmacher*innen degradiert. Achtet darauf, dass sie sich nicht angewöhnen, ausschließlich auf Anweisung zu lernen und zu handeln. Traut euren Schüler*innen etwas zu. Und bringt sie dazu, dass sie sich selbst etwas zutrauen.

Eure Schüler*innen sollen selbst für ihren Lernfortschritt Verantwortung übernehmen. Sie sollen aktiv und möglichst selbstständig arbeiten.

Unter selbstständigem Arbeiten verstehen viele zunächst einmal die klassische Stillarbeit, bei der jeder – ohne fremde Hilfe – eine Aufgabe löst. Selbstständiges Arbeiten ist jedoch mehr als das. Es bedeutet vor allem,

  • dass die Schüler*innen selbstständig nach Lösungen für Probleme suchen, statt vorgegebene Lösungen auswendig zu lernen
  • dass die Schüler*innen selbstständig Fragen stellen, statt vorgegebene Fragen zu beantworteten
  • dass die Schüler*innen bereit sind, auch einmal Irrwege zu gehen, statt ängstlich auf vorgegebenen Wegen hinterherzulaufen.

Wenn ihr möglichst oft Methoden wählt, die diese Art des selbstständigen Arbeitens ermöglichen, werdet ihr feststellen, dass eure Schüler*innen mehr lernen und besser behalten. Vor allem aber können sie das Gelernte besser anwenden.

5. Gestaltet den Unterricht möglichst demokratisch!

Bindet eure Schüler*innen immer wieder in die Unterrichtsgestaltung ein. Wenn ihr euer Programm vorstellt, solltet ihr unbedingt fragen, ob sie einverstanden sind oder aber Änderungsvorschläge haben.

Auch in der Stunde sind Nachfragen immer wieder sinnvoll. „Glaubt ihr, dass es nötig ist, eine weitere Übung hierzu zu machen?“, könnt ihr zum Beispiel fragen, statt anzuordnen: „Dazu macht ihr jetzt noch eine Übung“. Oder ihr fragt: „Worauf wollen wir jetzt den Schwerpunkt legen?“ Statt zu befehlen: „Jetzt macht ihr ...“

Wenn ihr überzeugt seid, dass ein bestimmter Stoff unbedingt dran ist, formuliert es bitte nicht so, als sei es unumstößliches Gesetz. Sondern sagt: „Ich glaube, wir sollten jetzt unbedingt noch einmal ...“ Die Bedeutung solcher Formulierungen dürfen nicht unterschätzt werden. Im ersten Fall tretet ihr auf wie eine Autorität, die keinen Widerspruch duldet (wahrgenommen als Antreiber). Im zweiten Fall erscheint ihr wie ein Berater. Und Berater erreichen in der Regel mehr als Antreiber.

Wer seine Schüler*innen behandelt wie Kühe, die auf die Weide getrieben werden, wird in der Regel auch erreichen, dass sie sich kuhgemäß benehmen: wie behäbige, träge Wiederkäuer.

6. Verhindert Untätigkeit!

Oft gibt es Untätigkeit im Unterricht: Einer arbeitet an der Tafel, die anderen schauen zu (oder gucken Löcher in die Luft; trommeln mit den Fingern auf dem Tisch; untersuchen, wie schräg sie auf ihrem Stuhl sitzen können ohne hintenüber zu kippen etc.).

Es ist dann ein bisschen wie auf einer schlecht organisierten Baustelle: Einer schippt, die anderen rauchen.

Euer Ziel soll sein, möglichst immer alle zu beschäftigen (sinnvoll zu beschäftigen!). Ihr vermeidet eine Menge Langeweile, wenn ihr Arbeitsformen findet, in denen diese „Voll-Beschäftigung“ erreicht wird.

Meist ist das ganz einfach:

Während einer an der Tafel rechnet, können die anderen auch in ihren Heften rechnen. Vielleicht erkennen sie dann auch schneller, wo der Fehler in der Rechnung an der Tafel liegt. Und müssen nicht mehr lange herumrätseln.

Einer rechnet, die anderen schauen zu – das ist nur in Erklärungsphasen sinnvoll. Sobald alle (oder wenigstens die meisten) das Prinzip der Aufgabe verstanden haben, können alle mitrechnen – und zwar jeder für sich.

Der Lerneffekt beim Selbermachen ist deutlich größer als beim Zuschauen. Denn es gilt:

Ich behalte ...

von dem, was ich gehört habe
von dem, was ich gesehen habe
von dem, was ich gehört und gesehen habe
von dem, worüber ich selbst gesprochen oder was ich einem anderen erklärt habe
von dem, was ich selbst ausprobiert und ausgeführt habe


7. Lasst eure Schüler viel reden!

Bitte achtet auf euren Redeanteil in den Unterrichtsstunden. Viele eurer Schüler*innen sind eher stille Typen. "Mündlich schwach" nannte man das früher.

Und große Verschwiegenheit auf Seiten der Schüler*innen erzeugt vielfach große Beredtheit auf Seiten der Tutor*innen. Schließlich muss ja gesagt werden, was gesagt werden muss. Oder nicht?

Lasst euch von stillen Schüler*innen nicht in die Rolle eines Vielredners drängen! Achtet darauf, dass ihr euch nicht zu viel Raum nehmt.

Als Faustregel gilt: Maximal ein Viertel der Redezeit gehört euch. Der Rest ist den Schüler*innen vorbehalten.

Für viele Schüler*innen ist der Förderunterricht ein wichtiges Trainingsfeld. Hier können Sie vor wenigen Zuhörer*innen das trainieren, was ihnen in ihrer Klasse so schwer fällt - weil sie es einfach nicht gewohnt sind. Hier können sie sich erproben.

Viele Erklärungen können auch von den Schüler*innen gegeben werden. Die sind dann womöglich etwas holpriger und teilweise korrektur- und ergänzungsbedürftig. Aber sie sind in der Regel hilfreicher für die Schüler*innen. Denn: Was die Schüler*innen selbst erklären können, haben sie auch verstanden!

Scheut euch hierbei auch nicht vor Wiederholungen: Wenn Schüler*in A zur guten Erklärung von Schüler*in B freundlich genickt hat, heißt das noch lange nicht, dass er / sie die schon voll und ganz verstanden hat, geschweige denn selbst in der Lage wäre, eine solche Erklärung zu geben.

Wenn ihr den Eindruck habt, die Schüler-Erklärungen fressen zu viel Bedenk-Zeit und erzeugen zu viel unangenehme Stille im Raum, lasst sie in einer Stillarbeitsphase vorbereiten. Ihr könnt beispielsweise Aufgaben stellen mit dem Hinweis, dass im Anschluss an die Bearbeitungszeit die Lösung samt Erläuterung des Lösungsweges bzw. der Begründung vorgestellt werden soll.

Und für die modernen Fremdsprachen gilt: Möglichst viel in der Fremdsprache reden!
Es ist nicht in Ordnung, wenn ein Schüler*innen auf eine englische Frage deutsch antwortet bzw. allenfalls eine englische Vokabel vor sich hinmurmelt. So etwas weist ihr zurück! Ganze englische Sätze wollen wir hören – und zwar möglichst deutlich!

Bei der Erklärung grammatischer Probleme muss natürlich in der Regel deutsch gesprochen werden. Alles andere lässt sich aber weitgehend in der Fremdsprache regeln. Auch die Aufgabenstellungen können in der Fremdsprache formuliert werden. Je häufiger Fremdsprache gesprochen wird, desto eher lernen Schüler auch in der Fremdsprache – und eben nicht in Kauderwelsch – zu denken.

8. Macht unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Schüler*innen!

Schüler*innen unterscheiden sich in ihren Lernstrategien, ihrem Lerntempo, ihrer Konzentrationsfähigkeit, ihren Interessen, ihren Vorkenntnissen etc.

Das weiß eigentlich jeder. Und trotzdem fordern viele Lehrer*innen von ihren Schülern im Gleichschritt zu lernen: Die gleiche Methode für alle, das gleiche Tempo, die gleiche Messlatte.

Ihr könnt es besser machen!

Voraussetzung: Ihr seht die Unterschiedlichkeit der Schüler nicht als Problem, sondern als ganz natürliches Phänomen und als Chance.
Es ist kein bisschen peinlich, wenn ein Schüler größere bzw. andere Wissenslücken hat als seine Mitschüler*innen oder einfach etwas mehr Zeit zum Lernen braucht als die anderen.

Wenn ihr solche Unterschiede bemerkt, scheut euch nicht sie offen (und freundlich!) anzusprechen: „Mir scheint, Pippi hat das jetzt drauf. Alfons, du müsstest aber noch etwas sicherer werden.“ – Wenn ihr eure Diagnose in dieser respektvollen Weise formuliert, fühlt sich niemand bloßgestellt und es ist klar, warum die beiden im Folgenden unterschiedliche Aufgaben erhalten.

Das heißt: Euer Ziel soll nicht sein, dass am Ende der Stunde alle Schüler*innen auf dem gleichen Stand sind. Euer Ziel soll sein, dass am Ende alle Schüler*innen vorangekommen sind.

Wenn ihr unterschiedliche Lernangebote macht, müsst ihr jedoch darauf achten, dass sich kein*e Schüler*in benachteiligt fühlt. Niemand darf das Gefühl erhalten, weniger Beachtung zu finden als die anderen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Differenzierung:

Möglichkeit A: Unterschiedliche Aufgaben in Stillarbeitsphasen

Stellt in den Stillarbeitsphasen nach Leistungsfähigkeit differenzierte Aufgaben. Die Stärkeren bzw. Schnelleren können eine schwierigere Aufgabe oder eine Zusatzaufgabe erhalten: „Nehmt euch bitte die Aufgaben a bis d vor. Wer schnell fertig ist, kann noch versuchen Aufgabe e zu lösen.“ – Oder: „Alfons, du nimmst die Aufgaben a-c. Die Aufgaben d-f sind für Pippi.“ – So einfach lässt sich das Angebot differenzieren.

Die unterschiedlichen Aufgaben können auch aus unterschiedlichen Themenbereichen stammen. Wichtig ist nur, dass am Ende alles kontrolliert und gewürdigt wird - wenn nicht von der ganzen Gruppe, so doch wenigstens von euch.

Möglichkeit B: Einzelbetreuung

Ihr versorgt die Gruppe mit einer Aufgabe für Still-, Partner- oder Gruppenarbeit und nehmt – während die Gruppe hieran arbeitet – den einen Schüler, der ein bestimmtes Phänomen noch nicht verstanden hat, heraus, setzt euch mit ihm in eine Ecke des Raumes und gebt Einzelnachhilfe. Ihr erspart diesem Schüler u.U. eine Menge schlechte Gefühle. Denn er muss nun nicht mehr den Eindruck haben, den Betrieb aufzuhalten und den Mitschüler*innen Langeweile zu bescheren.

Es ist also keineswegs nötig alle Erklärungen vor der ganzen Gruppe zu geben. Unnötige Wiederholungen, Langeweile und Überdruss können vermieden werden, wenn ihr die Möglichkeit der Einzelbetreuung nutzt.

Möglichkeit C: Schülerhilfe

Wenn ein Schüler in einem Stoff besonders sicher ist, könnt ihr ihn auch als „Co-Trainer“ einsetzen. Bittet ihn, einem Mitschüler, der noch Schwierigkeiten hat, zu helfen. Achtet jedoch darauf, dass die Hilfe wirklich eine Hilfe ist: Wenn der „Co-Trainer“ die Aufgaben selber löst oder aber die Übung nutzt, um sich aufzuspielen und seinen Mitschüler herunterzuputzen, schadet er mehr als er nutzt.

Keine Möglichkeit ist, dass ihr einzelne Leute vor die Tür oder schon einmal nach Hause schickt, weil ihr mit anderen noch etwas nacharbeiten müsst.

Nachtrag: Mit den Möglichkeiten der Differenzierung könnt ihr natürlich auch an Grenzen stoßen. Es gibt von Zeit zu Zeit Gruppen, bei denen der Förderbedarf so unterschiedlich ist, dass ein gemeinsamer Unterricht kaum sinnvoll erscheint.

Wenn eure Gruppe so heterogen ist, dass es auch durch eine regelmäßige Differenzierung der Lernangebote nicht gelingt, alle Schüler*innen angemessen zu fördern, solltet ihr klären, ob die Gruppe geteilt werden kann.

9. Habt eine Reserve in der Tasche!

Der Normalfall ist, dass die Unterrichtszeit für das vorbereitete Programm nicht ganz ausreicht. Was aber tun, wenn der Ausnahmefall eintritt?

Für den Fall, dass am Ende des Unterrichtsprogramms noch Unterrichtszeit überbleibt, solltet ihr immer etwas in der Tasche haben. Ein Lernspiel zum Beispiel. Oder ein Arbeitsblatt zur Lerntechnik. Oder die Wiederholung eines lang zurückliegenden Stoffes.

Achtet aber darauf, dass diese „Reserve“ für eure Lerngruppe auch hilfreich ist. Eure Schüler*innen sollten nicht das Gefühl bekommen, dass sie unsinnige Beschäftigungsübungen zu absolvieren haben, um Zeit tot zu schlagen.

Auch in der letzten Phase des Unterrichts darf nicht der Eindruck aufkommen, dass euer Programm willkürlich zusammengestellt und eigentlich unwichtig ist.

Gerade eure Reserve solltet ihr angemessen anpreisen: „Wir haben noch 10 Minuten. Das ist gut. Denn dann können wir endlich einmal zu dem kommen, was ich schon lange einmal mit euch machen wollte, nämlich ... Das ist wichtig, weil ...“ Wahrscheinlich braucht ihr in keiner Unterrichtsphase so viel Motivationskraft wie in dieser letzten. Zeigt euren Schüler*innen, dass sie auch diesen letzen Teil der Stunde ernst nehmen sollen.

10. Verzichtet auf Hausaufgaben!

Ihr solltet euch nie dazu hinreißen lassen, euren Schüler*innen Hausaufgaben aufzugeben. Das würde wahrscheinlich als Anmaßung gedeutet werden.

Anders ist es natürlich mit Tipps und Verabredungen zur Weiterarbeit (z.B. zum Vokabellernen oder zur Vorbereitung einer Klassenarbeit).

Und anders ist es natürlich auch, wenn euch die Schüler*innen um weiteres Übungsmaterial für die häusliche Arbeit bitten. Da kann man ja schlecht Nein sagen.